Mein 1. Marathon (Teil 1)

Frankfurt 2018

2018, mit 50 Jahren, ging ich ein großes Wagnis ein: Ich wollte zum ersten Mal einen Marathon laufen. Nach 8 offiziellen Halbmarathons schien mir der Sinn nach einer neuen Herausforderung, doch war ich dieser gewachsen? Immerhin würde ich im Oktober 50 Jahre alt sein und hinzukam, dass ja immer noch meine Rückenprobleme zumindest in meinem Kopf vorhanden waren. 2005 wurde ich nach einem Bandscheibenvorfall an der Wirbelsäule operiert und zwei Jahre später, nachdem ich meinem Rücken ein paar Yoga-Umdrehungen zu viel zugemutet hatte, gesellte sich noch eine schmerzhafte Osteochondrose genau an der Stelle hinzu, die nicht mehr durch ausreichende Bandscheibenmasse gepuffert war. Es gab also schon ein paar Gründe, die Sache nicht so leichtfertig anzugehen, wie es so mancher in Bierlaune bei einer Kneipenwette macht. Hätte ich vorher jemandem erzählt, dass ich als ehemalige Rückenpatientin mit meiner Vorgeschichte einen Marathon laufen wollte, hätte mich dieser sicher für verrückt erklärt. Andererseits hatte ich ja schon 5 Jahre Lauferfahrung hinter mir, in der ich mich kontinuierlich gesteigert hatte und zwei 10-Kilometer-Volksläufe und 8 Halbmarathons absolviert hatte. Meine Gelenke und Sehnen waren eigentlich vorbereitet, doch der Restzweifel blieb.

Was tun? Ich brauchte etwas, das mir eine Gewissheit gab, sozusagen eine offizielle Absegnung und dabei das Risiko einkalkulierend, dass mir jemand mit Kompetenz komplett davon abrät. Die Frage ist natürlich, ob ich es dann trotzdem getan hätte. Ich weiß, das ist spekulativ und im Nachhinein stellt sich die Frage nicht, aber so ist es mit allen wichtigen Entscheidungen: Wir suchen immer nach dem allwissenden Orakel, das uns sagt, welches der richtige Weg ist. Mein Weg führte mich nun erst einmal ganz profan zu einem Sportarzt, bei dem ich ein Belastungs-EKG und Blutuntersuchungen durchführen ließ. Der Sportarzt war nett und ganz begeistert von meinem Ansinnen, hingen doch in seiner Praxis Zeitungsausschnitte, die ihn als „Marathon laufenden Arzt“, der sogar vor Jahren eine Sportgruppe leitete, beschrieb. Der Arzt war überaus freundlich, als er von meinem Ansinnen hörte. Mein Belastungs-EKG war offensichtlich dermaßen gut ausgefallen, dass er mir verkündete, ich könne auch durchaus 100 Kilometer rennen. Ich musste erst einmal lachen, denn das kam mir zu diesem Zeitpunkt doch recht abwegig vor, denn 42,195 Kilometer sollten erst einmal komplett genügen, um mich in ein neues Kapitel meiner Erfahrungswelt zu hieven. Glücklich ging ich nach Hause und erzählte meinem Mann Patrick davon, der auch sehr begeistert war, denn nun konnten wir gemeinsam zu einem Lauf fahren und mussten nicht mehr getrennte Laufveranstaltungen aussuchen, weil ich nur Halbmarathon, er aber Marathon lief. 

Die Stadt breitet den roten Teppich aus

Vor dem Start kann man schon einmal den späteren Zieleinlauf in der Frankfurter Festhalle bewundern.

Für meinen ersten Marathon wollte ich eine Erinnerung haben, die mir auch nach Jahren noch eine Gänsehaut verschafft – so ein Ding, von denen du deinen Enkelkindern dann zig Mal erzählen kannst, bis die dann irgendwann abwinken; „haben wir schon so oft gehört, Oma“. Also war es wichtig, die richtige Location zu wählen. Als ich Patrick bei seinen Marathons als Zuschauerin begleitet hatte, war mir ein Ort in besonders guter Erinnerung geblieben und das war der Frankfurt Marathon. Mich faszinierte das ganze Drum und Dran wie die Show in der Festhalle und natürlich dieser phänomenale Zieleinlauf mit Diskolicht auf dem roten Teppich! Ich hatte schon 2016 als Zuschauerin eine dicke Gänsehaut, als ich die anderen Läufer dort einlaufen sah und wollte diesen magischen Moment für mich selbst auch unbedingt erleben. Nebenbei hätte ich die Chance, diese eine negative Erfahrung, die ich mit dem Ort Frankfurt verknüpfte – rund 20 Jahre vorher wurde ich dort Opfer eines Portemonnaie-Diebstahls – in eine positive umzuwandeln. Dies würde mir natürlich nur gelingen, wenn ich den Marathon auch beendete.

Vorbereitung auf den großen Tag

Laufplan für das Marathon-Debüt in Frankfurt 2018
Der Laufplan muss ab und an verändert werden…

Ich war mir sicher, dass dieses Vorhaben nur glücken würde, wenn ich mich auch richtig vorbereitete. Und so studierte ich alle möglichen Bücher und Laufseiten und bastelte mir einen Laufplan zurecht, den ich mit Patricks Laufzeiten koordinierte, denn unter der Woche mussten wir uns mit dem Laufen aus beruflichen Gründen abwechseln. Zwar bereitete ich mich bereits auf meine Halbmarathons mit Plänen vor, doch dieses Vorhaben beinhaltete noch einiges an Aufwand mehr: Um meinen Rücken optimal zu stärken, ging ich zusätzlich noch ins Fitnessstudio, um dort Krafttraining zu absolvieren. Da der Marathon Ende Oktober stattfinden sollte, mussten nun viele lange Einheiten im Sommer absolviert werden. Da wir in der Südpfalz wohnen, bedeutete das tagsüber an vielen Tage drückende, schwüle Hitze mit Temperaturen von weit über 30 Grad, sodass die Einheiten in aller Frühe um 7 oder 8 Uhr absolviert werden mussten. Keine leichte Sache, wenn du eigentlich lieber schlafen möchtest, der Wecker aber unbarmherzig zum Aufstehen mahnt. Doch das Ziel schafft den Weg und der Plan hat mir geholfen, diese Einheiten dann auch umzusetzen. Wie viele Läufer bin ich mir selbst gegenüber ziemlich pflichtbewusst. Und so kam es tatsächlich selten vor, dass ich einmal eine Einheit ausfallen lassen musste. Meistens habe ich dann versucht, sie zu verschieben oder die Kilometer bei den anderen Einheiten draufzupacken. So näherte ich mich Schritt für Schritt diesem großen Ziel, bei dem du erst einmal gar nicht fragst, was denn danach kommt, denn zuerst lautet die Devise: Schaffen.


Kommentar verfassen